Entsetzen nach dem Anschlag und den Morden in Halle - Solidarität mit jüdischen Gemeinden

Nachricht 10. Oktober 2019

Meldungen aus den evangelischen Kirchen in Niedersachsen:

Entsetzen nach Anschlag auf Synagoge in Halle - Solidaritätskundgebung für jüdische Gemeinden in Hannovers Marktkirche

Der Angriff auf eine Synagoge in Halle sorgt auch in Niedersachsen für Entsetzen. Innenminister Pistorius will den Schutz jüdischer Einrichtungen verstärken. In der Marktkirche in Hannover gab es eine Solidaritätskundgebung.

Hannover/Halle. Repräsentanten von Staat und Kirche in Niedersachsen haben mit Bestürzung auf die tödlichen Schüsse vor einer jüdischen Synagoge in Halle in Sachsen-Anhalt reagiert. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover sagte: "Die Taten von Halle machen mich fassungslos und traurig." Es beschäme ihn zutiefst, "dass Jüdinnen und Juden in unserem Land an Jom Kippur und 81 Jahre nach der Reichspogromnacht um ihr Leben fürchten müssen". Das sei unerträglich: "In unserem Land kann es solange keine Normalität geben, wie Antisemitismus und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden existieren."

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte: "Es macht mich fassungslos und betroffen, dass Menschen jüdischen Glaubens an ihrem höchsten Feiertag Jom Kippur in Trauer, Angst und Schrecken versetzt wurden und Synagogen unter besonderen Polizeischutz gestellt werden mussten." Angriffe auf Synagogen erinnerten an die dunkelste Phase der deutschen Geschichte. "Gerade vor diesem Hintergrund handelt es sich um einen Angriff auf unsere gesamte Gesellschaft. Wir müssen in Solidarität für unser friedliches Zusammenleben einstehen."

In Halle waren am Mittwoch zwei Menschen erschossen worden. Es fielen mehrere Schüsse "in der Nähe einer Synagoge", wie die Polizei mitteilte. Die mutmaßlichen Täter waren zunächst flüchtig. Es wurde mit Hochdruck nach ihnen gefahndet. Am Nachmittag vermeldete die Polizei die Festnahme einer Person. Laut "Spiegel online" hatten die Täter versucht, in die Synagoge einzudringen. Die Sicherheitsvorkehrungen hielten jedoch stand. Zu einer Solidaritätskundgebung mit der Theologin Margot Käßmann in der evangelischen Marktkirche in Hannover kamen am Abend rund 50 Personen zusammen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) kündigte an, den Schutz jüdischer Einrichtungen im Land zu verstärken. "Auch wenn mir für Niedersachsen aktuell keine konkreten Bedrohungen gegenüber jüdischen Einrichtungen bekannt sind, haben wir unsere Sicherheitsmaßnahmen umgehend nochmals intensiviert", sagte er. Niedersachsen werde die Polizei in Sachsen-Anhalt bei der Suche nach den Tätern unterstützen.

Käßmann sagte, sie sei schockiert, dass sich der Antisemitismus wieder in Deutschland breitgemacht habe. "Wo Juden angegriffen werden, werden Menschen jeden Glaubens angegriffen", betonte die frühere hannoversche Landesbischöfin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Rande der Solidaritätsaktion, die auch an die friedliche Revolution in der DDR vor 30 Jahren erinnerte. Im Gedenken an die Opfer von Halle und an die Großdemonstration in Leipzig am 9. Oktober 1989 zogen die Teilnehmer mit Kerzen von der Marktkirche zum Mahnmal der im Krieg zerstörten Aegidienkirche.

Auch die die Beauftragte für Kirche und Judentum in der hannoverschen Landeskirche, Professorin Ursula Rudnick, zeigte sich entsetzt über die Ereignisse. "Der Anschlag auf die Synagoge, auf das Haus Gottes, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur ist perfide und zutiefst menschenverachtend", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Nach Angaben des Innenministeriums in Hannover beteiligt sich Niedersachsen mit offenen und verdeckten Maßnahmen an der Fahndung nach den Tätern. Das Landeskriminalamt sei beauftragt, die Gefährdung jüdischer Einrichtungen im Land fortlaufend zu bewerten, sagte eine Sprecherin dem epd. Örtliche Polizeidienststellen seien sensibilisiert worden, Kontakt mit den jüdischen Gemeinden aufzunehmen.
Quelle: epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen /
https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2019/10/2019-10-10_1

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Antisemitismus weiter bekämpfen

Erklärung von Landesbischof Dr. Christoph Meyns zum Anschlag von Halle

Braunschweig/Wolfenbüttel. Wir brauchen eine stärkere öffentliche Auseinandersetzung über die Gefahren von Rechtsextremismus und Antisemitismus, sagt Landesbischof Dr. Christoph Meyns angesichts des Angriffs auf eine Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt) am Mittwoch, 9. Oktober. Für die Landeskirche Braunschweig erklärt er:

„Der Anschlag von Halle hat mich entsetzt. Er zeigt in drastischer Weise, dass der Antisemitismus nach wie vor ein großes Problem in unserer Gesellschaft ist.

Wir alle müssen uns der Erkenntnis stellen, dass der Antisemitismus Teil unseres kulturellen Erbes und nach wie vor weit verbreitet ist. Der unverminderte Kampf dagegen ist deshalb umso dringender und notwendiger. Das schließt den Rechtsextremismus ein, der einen Nährboden für Antisemitismus bietet.

Mit großer Sorge nehme ich wahr, dass rechtsextreme Tendenzen in Politik und Gesellschaft wieder stärker werden. Sie dürfen in keiner Weise verharmlost werden. Wir müssen vielmehr die öffentliche Auseinandersetzung über die Gefahren von Rechtsextremismus und Antisemitismus stärker führen.

Die Kirche ist im Laufe ihrer Geschichte schuldig geworden, indem sie antisemitische Einstellungen vertreten und gefördert hat. Heute steht sie solidarisch an der Seite der jüdischen Gemeinden und verurteilt jede Form von Hass und Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden. Unsere Gedanken sind bei den Opfern des Terroraktes und ihren Angehörigen. Wir sind mit ihnen in ihrer Trauer vereint und beten für sie um Gottes Beistand.“
Quelle: https://www.landeskirche-braunschweig.de/nc/aktuell/nachrichten/meldung/artikel/antisemitismus-weiter-bekaempfen.html

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Rechtsextremismus und Antisemitismus entschlossen entgegentreten

Bischof Thomas Adomeit: Rechtsextremes Gedankengut darf keine Zukunft haben

Erschüttert und betroffen hat sich Bischof Thomas Adomeit zum Anschlag in Halle (Saale) geäußert. Rechtsextremes Gedankengut dürfe keine Zukunft haben, so der Bischof der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. „Dieser Gewaltakt ist nach jetzigem Erkenntnisstand Ausdruck rechtsextremen Gedankenguts. Als Gesellschaft sind wir gefordert, Rechtsextremismus und Antisemitismus geschlossen und mit aller Kraft entgegenzutreten.“

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut des Statements von Bischof Thomas Adomeit:
„Es ist erschütternd und unfassbar, dass Menschen in Deutschland aufgrund ihres Glaubens um Leib und Leben fürchten müssen. Dass Jüdinnen und Juden nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen zusammenkommen können, macht mich zutiefst traurig. Und umso unerträglicher ist es, dass unsere jüdischen Geschwister beim Feiern ihrer Gottesdienste und Feiertage erneut oder immer noch in Deutschland angegriffen werden.

Dankbar bin ich, dass es dem Täter nicht gelungen ist, in der Hallenser Synagoge sein Vorhaben umzusetzen.

In unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei den Opfern und ihren Angehörigen und auch bei unseren jüdischen Geschwistern.

Dieser Gewaltakt ist nach jetzigem Erkenntnisstand Ausdruck rechtsextremen Gedankenguts. Als Gesellschaft sind wir gefordert, Rechtsextremismus und Antisemitismus geschlossen und mit aller Kraft entgegenzutreten. Dieses Gedankengut darf keine Zukunft haben!

Ich bin allen dankbar, die diese Grundhaltung teilen und sie in diesen Tagen auch öffentlich sichtbar machen.“

Quelle: https://www.kirche-oldenburg.de/nc/aktuell/pressemitteilungen/artikel/rechtsextremismus-und-antisemitismus-entschlossen-entgegentreten.html

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"Der Hass trifft auch alle Christen"

Kirchenpräsiden Martin Heimbucher sagt zu dem rechtsradikalen Angriff am 9. Oktober in Halle (Saale):

"Es ist beschämend, dass in unserem Land jüdische Gemeinden nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen Gottesdienst feiern können. Die Juden sollten von uns hören und erfahren: Der Hass, der sie trifft, trifft auch alle Christen. Denn Jesus Christus war Jude.

Zu viel Beifall bekommen die Vielen, die sich im Internet menschenverachtend und aufhetzend äußern - gegen religiöse Minderheiten, aber auch gegen politisch Verantwortliche, vor allem gegen Frauen. Die Gewalt beginnt mit dem verächtlichen Wort. Meistens findet sich ein Verirrter, der das hasserfüllte Wort in die Tat umsetzt. Jesus hat das in der Bergpredigt glasklar ausgesprochen: Nicht erst, wer einen Mord begeht, macht sich schuldig. Sondern schon der, der einen anderen mit Worten niedermacht."
10. Oktober 2019
Ulf Preuß, Pressesprecher der Evangelisch-reformierten Kirche
Quelle: https://www.reformiert.de/nachricht/der-hass-trifft-auch-alle-christen.html